Büdericher Brunnenverein e.V.
gegründet 1999 zur Errichtung und Erhaltung eines Dorfmittelpunkts
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Werlpreis 2001

Laudatio zur Verleihung des Werlpreises der A. Stein'schen Buchhandlung an den Büdericher Brunnenverein e.V., gehalten im Forum des Ursulinenkonvikts am 26. September 2001

Von Werner Kohn

In Schillers Ode "An die Freude" lautet die vorletzte Strophe:

Festen Mut in schweren Leiden
Hilfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königsthronen,
Brüder, gält es Gut und Blut,
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang der Lügenbrut!

Verstaubt und veraltet, was unserer Klassiker vor 200 Jahren geschrieben haben? Oder doch vielleicht gültig für alle Zeiten und ganz besonders für unsere Zeit? Wir sind jedenfalls heute hier, um eins dieser sieben Gebote zu befolgen, nämlich diejenigen zu ehren, zu würdigen, zu preisen, zu beglückwünschen, die sich verdient gemacht haben. Die Krone sei in diesem Fall die Urkunde, der A. Stein'schen Buchhandlung über die Verleihung des Werlpreises und die Juwelen in der Krone die Münzen des Preisgeldes. Nicht ein einzelner wird gekrönt, sondern verdient gemacht hat sich der Vorstand des Büdericher Brunnenvereins e.V. mit dem 1. Vorsitzenden Manfred Koch, dem 2. Vorsitzenden Josef Lefarth, dem Geschäftsführer Bruno Wille, den Beisitzern Ursula Brauner, Kornelia Brüggemann und Stefan Faulhaber und – Manfred Böhlen, dem das Amt des Kassierers aufgegeben war, der jedoch über sein engeres Ressort hinaus so vieles bewegt und bewirkt hat. Nicht Anhängsel: Dipl. Ing. Landschaftsarchitektin Inge Rehmann, Fachberaterin. Glücklicherweise brauchen sich diese Leute kein Kopfzerbrechen über die Verteilung des Preisgeldes zu machen, denn es fließt ganz und gar ohne Verdunstungsschwund in die noch offenstehenden Verbindlichkeiten hinein.

Was haben die Genannten getan, daß ihnen nun so viel Lob und Anerkennung zuteil wird? Sie haben zur Erinnerung an eine alte Wasserschöpfstelle unmittelbar neben der Kunibertkirche einen Brunnen errichtet, der – durch seine Gestaltung Altes und Neues verbindend – Wahrzeichen für Büderich und Treffpunkt für die Bewohner des Dorfes werden wird. Folgen wir einmal den Spuren, die von der Idee zur Realisierung führen!

Vor sieben Jahren saß in der jetzt leider geschlossenen Gastwirtschaft Rammelmann in Werl die Plattdeutsche Runde des Neuen Heimat- und Geschichtsvereins beisammen, auch Büdericher waren darunter, und man kürte über dies und das, auch über die Rolle, die früher einmal der Pütt in der Versorgung und im Miteinander der Menschen gespielt hat. Josef Auer erzählte von der Pumpe an der Kunibertstraße Ecke Kampgärten, ein Gerät mit ausgeklügelter Technik, zwei Kränen in verschiedenen Höhen und einem imposanten Schwengel. Alt und jung begegnete sich dort, es floß das Wasser, es flossen auch munter die Reden. Unter der Pumpe war auch häufig die Frau Frigger oder bisweilen ihr Mann, der Vinzenz Frigger, Vollblutmaler und – musiker, der 30 Jahre in Büderich gelebt, diesem Ort viel gegeben und auch viel von ihm empfangen hat. – Büderich wurde ans Wassernetz angeschlossen, die Pumpe verfiel, die Reste wurden abgebaut, die Wasserstelle zugemauert, der Platz in die neue Verkehrsführung einbezogen. Josef Auer schloß seinen Bericht mit der Anregung, die alte Pumpe auf oder nahe bei dem Standort wiedererstehen zu lassen. Er faßte diesen Gedanken auch in die Form eines schriftlichen Antrags, der die eigentliche Geburtsstunde des Brunnenprojekts ist. Er wurde dann Vorlage für einen Programmpunkt in der Vorstandssitzung des Heimatvereins, wo er akzeptiert und Recherchen beschlossen wurden. – Aber es ging so wie in dem Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld. Der Same fiel unter die Dornen, mit denen die Sorgen dieser Welt gemeint sind, und er konnte sich nicht so recht entfalten. Josef Lefarth vom Vereinsvorstand bemühte sich noch, die Dornen fortzuräumen, aber obwohl er sich die Finger zerkratzte, konnte er, allein gelassen, nicht mehr erreichen, als daß der Same nicht gleich erstickte. So schien die schöne Brunnenidee das Schicksal vieler ihrer Schwestern zu teilen, nämlich nach anfänglicher Begeisterung und Bewunderung wie eine schillernde Seifenblase zu zerplatzen. Aber es stellte sich heraus, daß in der Brunnenidee sehr viel mehr steckte als heiße Luft.

Sie wurde nämlich von Büderichern aufgegriffen, Frauen und Männern, die nicht nur begeisterungsfähig, sondern auch energisch, beharrlich, überzeugungsfähig, kenntnisreich genug waren, einen Wunschtraum zur Realität zu machen. Manfred Koch tat sich mit Bruno Wille und beide mit Josef Lefarth zusammen, und sie gründeten am 27. Mai 1999 den Büdericher Brunnenverein e.V.

[Es erwies sich als geschickter Schachzug, die] Diplomingenieurin und Landschaftsarchitektin Inge Rehmann als fachkundige Mitarbeiterin zu gewinnen und – wohl wissend, daß so ein Projekt einen Schutzengel braucht – die Sparkasse einzubinden, die außer den Hilfen bei der Finanzierung auch das 200 qm große Grundstück neben dem Kirchplatz zur Verfügung stellte. Bei der feierlichen Übergabe des Areals spielte auch der Himmel mit und gab mit einem wolkenbruchartigen Regenguß zu verstehen, daß immer genug Wasser für den Brunnen da sein würde. Auf dem Festfoto ist zu erkennen, daß Herr Dir. Gerenkamp doch lieber als Schutzengel über den Wolken geschwebt als unter ihnen auf dem nassen Kirchplatz gestanden hätte.

Die Entwicklung des Vereins ging anfangs durchaus nicht stürmisch vor sich. Aber da war Manfred Koch mit seiner Fähigkeit, die Büdericher von der Bedeutung des Projekts zu überzeugen, da war Josef Lefarth mit seiner fröhlich unbekümmerten zupackenden Art und – da war Bruno Wille, der [...] nach der alten Weisheit "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg" dafür sorgte, daß der Motor nicht stotterte oder gar abgewürgt wurde. Jetzt zeigte sich auch, wie wertvoll die Mitarbeit von Inge Rehmann war. Ihr Entwurf brachte je zwei Versionen der Ausgestaltung des Brunnens sowie der Anlage im Brunnenumfeld zum Vorschlag und öffnete damit die Schleusen für eine Diskussion, an der sich viele Büdericher, manche kühl und sachlich, andere leidenschaftlich beteiligten. Das Ergebnis: die Pumpenskulptur soll die Form einer aufragenden Stele im Mittelpunkt des Platzes erhalten, von ihm aus weisen die Achsen auf vier Bäume, die den kreisförmigen Platz umstellen und mit ihren Kronen ein Dach bilden. Die Sitzplätze befinden sich an der Peripherie des Kreises.

Der Büdericher Bildhauer Dipl. Ing. Bernd Sobbe erhielt den Auftrag zum Brunnenbau, nachdem sein Konzept und auch seine Aufführungsbeschreibung den Vorstand überzeugt hatten.

"Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, doch grün des Lebens goldner Baum." – Im April 2000 wurde der Öffentlichkeit ad oculos vorgeführt, was zu erwarten war, indem ein Holzmodell der Brunnenstelle aufgestellt und der Platz, durch Kübelpflanzen und Holzbänke abgesteckt, modellhaft dargestellt wurde. Dieser Anschauungsunterricht bewirkte dreierlei: Die Bauherren erkannten, daß die Stele um 20 cm dem Himmel näher gebracht werden müßte; die Spendengelder flossen reichlicher, und die Mitgliederzahl des Vereins stieg; aber auch die kritischen Stimmen wurden lauter.

Man murrte über den Standort, die Kosten (85.000 DM insgesamt), auch – und hier zeigt sich der nüchtern-realistische Sinn des Büderichers, der Geschichte nicht durch die Brille moderner Kunstvorstellungen betrachten möchte – auch waren etliche alteingesessene Dorfbewohner der Meinung, daß die vorgesehene abstrahierte Fassung zu wenig an die – ich sage einmal – Frigger-Pumpe erinnere und in Richtung auf engere Anlehnung an das Vorbild hin neu entworfen werden müßte, vor allem müßten deren technische Funktionen (auch Kräne und Schwengel) ausgeformt werden. Diese Kritiker machtem ihrem Unmut nicht etwa in dumpfer unqualifizierter Art Luft, ihre Einwände waren durch stichhaltige Argumente belegt, präzise Maßstabzeichnungen veranschaulichten ihre Vorschläge. So bildete sich nun im Brunnenverein des Ortes eine "Schwengelfraktion" heraus, die den Stilisten unter den Brunnenbauern auch dadurch gefährlich wurde, daß die Verfechter hohe Spenden ankündigten, wenn ihre Vorschläge realisiert würden. Eine ernstzunehmende Herausforderung also, deren Wellen immerhin bis in den Karneval 2000 schwappten, wo der Präsidentenwagen ein Plakat mit der Aufschrift mitführte "... und plötzlich tönt's aus dem Gedrängel, die Pumpe hat ja keinen Schwengel." – Zum Bürgerkrieg der Schwengelanten gegen die Stilisten ist es allerdings dann doch nicht gekommen. Das zuerst beschlossene Konzept wurde beibehalten und verwirklicht.

Daß es dann doch breite Zustimmung fand, ist vor allem auch der einfühlsamen Arbeit des Bildhauers Bernd Sobbe zu verdanken, den diese Arbeit als einen Künstler von Rang ausweist. – Die Maße der Rechtecksäule sind im Verhältnis zu dem sie umgebenden Platz und zu den emporstrebenden Südschiffmauern der Kirche, sich ihnen unterordnend, ausgewogen. An den Kanten und wasserführenden Nuten der Stele ist deutlich die vertikale Ausrichtung abzulesen; in ihrer Schlankheit und Sachlichkeit wird sie nirgends von horizontalen Schnörkeleien unterbrochen, außer von den vier Konsolen, über die das an der Spitze austretende Wasser geleitet wird, bevor es auf eine nach oben gewölbte Fläche trifft und in Ablaufgittern versickert. Der Baustoff Dolomitstein korrespondiert zu dem Gründsandstein der Kirchenmauer. Die kreisförmige Anlage um den Brunnen, die Inge Rehmanns Handschrift trägt, lädt zum Verweilen ein. Strom wird aus der Sakristei und Wasser vom Kirchendach zum Brunnen geführt, also die Energie und das lebenserhaltende Element, um dessentwillen der Brunnen existiert, von der Kirche, ein Symbol dafür, daß diese Welt in Büderich noch in Ordnung ist?

Die Einweihung des Brunnens am 27. Mai dieses Jahres [2001] war ein Fest, wie es eigentlich nur die Büdericher feiern können. In seinem sehr lesenswerten Beitrag im Jahrbuch 2001, der sich mit dem Brunnenbau befaßt, berichtet Manfred Böhlman [recte: Böhlen], daß viele Besucher dem geselligen Teil Schützenfest-Atmosphäre bescheinigten, und er meint, daß eine größeres Kompliment in Büderich kaum denkbar ist.

Nun läuft der Brunnen, unterbrochen durch zwei schnell behobene Pannen, und die Erbauer wie auch die Spender sehen, daß sie im einen Fall die Arbeitskraft, im anderen das Geld nicht in eine unnütze Sache gesteckt haben (Das gilt übrigens auch für solche, die noch spenden wollen). Ich gratuliere dem Vorstand des Büdericher Brunnenvereins, wobei ich Inge Rehmann extra nenne, zu ihrem Werk und zur Auszeichnung mit dem Werlpreis, und ich gratuliere auch der Jury, die den Preis an die Büdericher verliehen hat, ist doch dadurch das Ansehen des Werlpreises der A. Stein'schen Buchhandlung noch vermehrt worden.

Im habe am Anfang einige Verse vorgetragen, die zu den schönsten der deutschen Sprache zählen. An den Schluß stelle ich einige einfache hausgemachte:

Das Wasser des Himmels,
aufgefangen vom Dach der Kirche
und weitergeführt zum Brunnen
aus grünlich schimmernden Dolomit!
Der Strahl steigt hoch und rinnt
an den Seiten der Brunnenstele herunter,
wird unter der Erde gespeichert.
Von dort wieder steigend zur Spitze der Säule,
tritt es den Weg ein weit'res Mal an,
glitzernd und plätschernd, in Farben erglühend,
sobald die Strahlen der Sonne es trifft.
So fließt es aufwärts und abwärts
in immerwährendem Wechsel,
die Herzen der Menschen erfreuend,
zu guten Gesprächen ermunternd.

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